Museum für Meteorologie und Aerologie

IMO = Internationale Meteorologische Organisation - meteorologische Zusammenarbeit zwischen 1873 und 1950

*Hierbei handelt es sich um eine Vorab-Übernahme aus dem Rundschreiben der Philatelistischen ArGe "Landkarten, Vermessung und Entdeckungsgeschichte der Erde" welches im Heft RS 164 - 1/2022 am 1. April 2022 erscheinen wird.

Vorgeschichte der internationalen meteorologischen Zusammenarbeit

Eine internationale Zusammenarbeit der meteorologischen Dienste gibt es in organisierter Form seit 1873, also seit fast 150 Jahren. Zwar gab es auch vorher bereits internationale Beratungen von Meteorologen. So zum Beispiel in Brüssel im Jahr 1853 auf Anregung des ehemaligen Kapitäns Matthew F. Maury (1806 – 1873), der 1842 von der U.S.-Navy wegen Unfallfolgen im Jahr 1839 als Superintendent des Archivs für Karten und Instrumente eingesetzt worden war. Dort arbeitete er Anweisungen für Kapitäne zur Führung von Log-Büchern aus. Anhand solcher Aufzeichnungen über einen Zeitraum von 9 Jahren konnte er die generellen Wind- und Strömungsverhältnisse weltweit studieren und Karten für günstigste Fahrtrouten von Segelschiffen ausarbeiten.

Ein Schiffsbrief aus der Segelschiffzeit (hier von 1826 von Martinique nach Paris).  

Ein Schiffsbrief aus der Segelschiffzeit (hier von 1826 von Martinique nach Paris). Die meteo­rologischen Aufzeich­nungen der Schiffsführer wie von diesem Schiff waren eine frühe Quelle für Informationen über das maritime Wetter, die von Maury systematisch gesammelt und ausge­wertet wurden.

Aus der Sammlung Dr. Bergmann

Die Abbildung zeigt einen der nicht angenommenen Alternativ-Entwürfe zur Marke der BRD, MiNr 1684 von 1993 „125 Jahre Norddeutsche Seewarte“. Dieser Markenentwurf muss „herhalten“, da es von Maury und seinen Karten keine philatelistische Darstellung gibt.

Georg von Neumayer als Leiter der Seewarte setzte das Verfah­ren des US-amerikanischen Kapitäns M. F. Maury fort, Logbucheintragungen zu sammeln und für Empfehlungen von Schiffsrouten auszuwerten.

 Alternativ-Entwurf zur Marke der BRD

Von den 12 Teilnehmern der Brüsseler Konferenz waren 10 Teilnehmer aktive See-Offiziere, so dass man eher von einer Konferenz über maritime Meteorologie und Ozeanographie sprechen sollte. Maurys Vorschläge für das Eintragen meteorolo­gischer Daten in die Logbücher wurden in Brüssel verbindlich beschlossen. Einzu­tragen waren danach in 24 verschiedenen Spalten Angaben über Luftdruck, Tem­peraturen des „nassen“ und des „trockenen“ Thermometers, Geschwindigkeit und Richtung des Windes, Menge, Form und Zugrichtung der Wolken sowie die Meerestemperaturen an der Oberfläche und in der Tiefe. Zusätzlich sollten alle Beob­achtungen von gelegentlich auftretenden Hurrikanen, Wasserhosen, Polarlichtern und Meteoren notiert werden.

Trotz dieses hilfreichen Beschlusses zur Intensivierung von Beobachtungen, die in der Folgezeit viele wertvolle Datenauswertungen ermöglichten, blieben die eigentlichen Probleme der Meteorologen auf dieser Konferenz weiterhin unbearbeitet. Prof. Heinrich Wilhelm Dove (1803 – 1879), der Leiter des Königlich Preußischen Meteorologischen Institutes in Berlin, schlug deshalb vor, dass sich während des Schweizer Kongresses der Naturforscher im Jahr 1863, Meteorologen treffen sollten, um eine Organisation für weltweite meteorologische Beobachtungen zu gründen. Sein Vorschlag war darüber hinaus, dass die Schweiz mit ihren Nachbarstaaten ein gemeinsames Stationsnetz für meteorologische Beobachtungen betreiben sollte (Körber, S. 17). Seine Vorschläge wurden aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgegriffen

Karte aus Limbach aus dem Jahr 1900

Dienst-Ganzsache einer der Beobachtungs-Stationen aus dem preußischen Stationsnetz an das Königlich-Preußische Meteorologische Institut in Berlin. Das war auf Anregung A. v. Humboldts 1847 gegründet worden.

Bei dieser nach dem Portoablösungsvertrag (Avers) Nr. 21 versandten Karte aus Limbach aus dem Jahr 1900 handelt es sich um ein rückseitig vorgedrucktes Dienst-„Formular“ für Gewittermeldungen einer preuß. Behörde.

Ab 1868 untersuchten die beiden französischen Wissenschaftler, Emilien J. Renou (1815– 1902) und E. H. Marié-Davy (1820–1893) im Auftrag der französischen Regierung bei zahlreichen europäischen meteorologischen Diensten und Institutionen, wie verbreitet der Wunsch sei, eine permanente Kommission für Geophysik und Statistik zu schaffen und fanden weitgehend zustimmende Resonanz.

Pate für die Ideen zu einer internationalen meteorologischen Zusammenarbeit stand außerdem die Erkenntnis, dass Wetter und Klima keine Ländergrenzen kennen. So hatte zum Beispiel der Leiter des Königlich Preußischen meteorologischen Instituts in Berlin H. W. Dove beschrieben, dass nationale oder bilaterale Wetterbeobachtungen keinen Erfolg für Wetter-Voraussagen bringen können und dass man zur Erforschung der chemischen und physikalischen Prozesse, zur Ableitung von meteorologischen Gesetzmäßigkeiten wie zur Voraussage des Wetters die Prozesse in der Atmosphäre und ihre geophysikalischen Ursachen weltweit in den Blick nehmen muss.

Die kräftige Entwicklung einer erstarkenden Industrie und das schnelle Wachstum der Weltwirtschaft mit ihrem stark anschwellenden Schiffsverkehr, machten meteorologische Forschung auch für die Schifffahrt weltweit dringend erforderlich.

MiNr. 2194 von 2004   Marke MiNr. 2358 von 2001

MiNr. 2194 von 2004. zeigt in der Randbedruckung, dass das von Buys-Ballot geführte KNMI 1854 gebildet wurde.

Das österreichische Zentralinstitut für Meteorologie und Geodynamik, das zu dieser Zeit von Carl Jelinek geleitet wurde. Marke MiNr. 2358 von 2001.

Das Physikalische Zentralinstitut in St. Petersburg stand 1872 unter der Leitung von Heinrich von Wild. Es war bereits im Jahr 1849 gegründet worden.

Das Physikalische Zentralinstitut in St. Petersburg

Zusammen mit dem Meteorologischen Dienst in Sachsen unter der Leitung von Carl Bruhns, waren diese vier Institutionen die Initiatoren für die erste Meteorologen-Versammlung 1872 in Leipzig.

 
Schneehöhen-Beobachtungsmitteilung aus dem Jahr 1889

Carl Bruhns hatte im Jahr 1863 das Sächsische Meteorologische Institut als „Büro für Wetterprog-nosen“ an der Leipziger Sternwarte gegründet, nachdem er in Sachsen mit 22 Beobachtungsstationen eines der dichtesten Beobachtungsnetze in Europa aufgebaut hatte. Im Jahr 1881 zog diese Institution nach Chemnitz um. Hier eine Schneehöhen-Beobachtungsmitteilung aus dem Jahr 1889.

IMO-Gründungsaktivitäten

Der Leiter des königlichen niederländischen Wetterdienstes (KNMI), der Meteorologe, C. H. D. Buys-Ballot (1817 – 1890), Prof. Heinrich von Wild (1833 – 1902) vom Physikalischen Zentralobservatorium in St. Petersburg, Prof. Jelinek (1822 – 1876), als Leiter des österreichischen Zentralamtes für Meteorologie und Geodynamik und Prof. Carl Bruhns (1830 – 1881) als Gründer und Direktor des Sächsischen Meteorologischen Dienstes, luden schließlich gemeinsam zu einer internationalen Meteorologen-Versammlung für den 14. bis 18. August 1872 in Leipzig ein. Dort waren „zwanzig Regierungen durch 32 Teilnehmer vertreten“ (Cehak, S. 68) und man kam überein, eine internationale meteorologische Organisation zu gründen

MiNr. 34 von 1972 zeigt die erste deutsche Wetterkarte von Wladimir Köppen  

Die DDR legte zum 100. Jahrestag der ersten Meteorologenversammlung in Leipzig einen dreiteiligen Blocksatz und einen Sonderstempel auf. Die Karte auf dem Block, MiNr. 34 von 1972 zeigt die erste deutsche Wetterkarte von Wladimir Köppen an der Norddeutschen Seewarte aus dem Jahr 1878.

Sein Appell lautete übersetzt etwa: „Es ist elementar, ein weltweites Netzwerk meteorologischer Beobachtungen zu haben, sowie freien Austausch der Beobachtungen zwischen den Nationen und Übereinstimmung über standardisierte Beobachtungsmethoden und Maßeinheiten, um in der Lage zu sein, diese Beobachtungen zu vergleichen“. Sein Essay hatte den Titel „Suggestions on a uniform system of meteorological observations“.

Darin skizzierte er wegweisend ein Programm, welches noch heute der synoptischen Wetterbeobachtung weltweit zugrunde liegt. Das zentrale Ergebnis dieses Treffens in Leipzig war der nach Wien einberufene erste Kongress für Meteorologie vom 2. bis 16.9.1873. Die IMO wurde gegründet und Buy-Ballot aus den Niederlanden wurde zu ihrem ersten Direktor gewählt

MiNr. 1423 (Akademie der Wissenschaften) vom 4.7.1973  MiNr 573 von 1973 aus Kuwait 

Der österreichische Sonderstempel vom 4.9.1973 zur Feier der 100-jährigen internationalen meteorologischen Zusammenarbeit auf MiNr. 1423 (Akademie der Wissenschaften) vom 4.7.1973.

MiNr 573 von 1973 aus Kuwait feiert das 100-jährige Bestehen der internationalen meteorologischen Zusammenarbeit innerhalb eines dreiwertigen Satzes mit gleichen Abbildungen. Die Kartenabbildung ist für unseren Blick etwas gewöhnungsbedürftig, weil wir das Mittelmeer normalerweise in genauer Ost-West-Erstreckung abgebildet finden. Die überlagernde Isobaren-Darstellung zeigt 4 Tiefdruckgebiete und zwei Hochdruck-Gebiete. Davon eines etwa über Ägypten und das andere östlich vom Kaspischen Meer

Mit dieser „permanenten“ internationalen Zusammenarbeit in organisierter Form ist die IMO noch um ein Jahr älter, als die internationale Zusammenarbeit auf dem Ge­biet des Postwesens, denn der Weltpostverein wurde erst im Jahr 1874 ins Leben gerufen.

Polnische Ganzsachen-Postkarte, MiNr. P 603 von 1973

Polnische Ganzsachen-Postkarte, MiNr. P 603 von 1973.
Das hundertjährige Bestehen der IMO wird im Wertstempel-Eindruck „gefeiert“.
Im Schmuckzudruck unten links werden zwei Hochdruckgebiete über einer Europakarte gezeigt, von denen das eine zwischen dem Norden der britischen Inseln und Süd-Skandinavien liegt und das andere über der Barents-See. Das Tiefdruckgebiet, das von den heranziehenden Hochs verdrängt wird, liegt hier etwa bei der Krim-Halbinsel. Augenfällig wird hier der Wert der internationalen Betrachtung.

Die nun existierende Internationale Meteorologische Organisation (IMO) „war als Organisation von Direktoren von staatlichen Wetterdiensten eine offizielle Organisation, wenngleich sie im Sinne der heutigen Zeit noch keine internationale Organisation war“ (Cehak, 1973). Ein bedeutendes Ergebnis dieser ersten Konferenz in Wien war die Konstituierung eines Permanenten Meteorologischen Komitees mit zahlreichen Aufgaben, darunter vor allem, die Regeln und Statuten für die Internationale Meteorologische Organisation zu entwickeln. Dem Permanenten Meteorologischen Komitee gehörten sieben bedeutende Meteorologen an: der Leipziger Astronom Carl Bruhns, der Leiter des Königlich Meteorologischen Instituts der Niederlande. Buys-Ballot, der Direktor des Italienischen Meteorologischen Zentralbüros, Cantoni, der Leiter des österreichischen Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, Jelinek, der Leiter des norwegischen Wetterdienstes, Henrik Mohn [1835 – 1916], R. H. Scott vom Meteorological Office in Großbritannien und der in der Schweiz geborene Leiter des russischen Wetterdienstes, Heinrich von Wild).

Zwischen den nationalen Wetterdiensten herrschte danach ein intensivierter Informationsaustausch, wie an dieser Büchersendung mit einer Publikation des Meteorological Office in Großbritannien an die Deutsche Seewarte in Hamburg aus dem Jahr 1904 zu belegen ist. Inhalt der Sendung: „Symons’s Meteorological Magazine“. Frankiert ist die Sendung in einem Ganzsachen-Umschlag für Inlandssendungen und einer Halfpenny-Zusatz-Frankatur.

Ganzsachen-Umschlag für Inlandssendungen und einer Halfpenny-Zusatz-Frankatur 

Über deren Vorarbeiten für eine institutionalisierte internationale Zusammenarbeit wurde auf einem Treffen in Utrecht im Jahr 1878 abgestimmt, und die Internationale Meteorologische Organisation entstand dann endgültig bei einer Meteorologen-Tagung in Rom im Jahr 1879. In Rom wurde das „Permanente …“ in ein „Internationales Meteorologisches Komitee“ umgewandelt, dem nun 9 führende Meteorologen angehörten (Buys-Ballot, Cantoni, der Leiter des portugiesischen Wetterdienstes, de Brito Capello [1831 – 1901], der Österreicher Julius Ferdinand von Hann [1839 – 1921], der Begründer des französischen Wetterdienstes, Éleuthène Élie Nicolas Mascart [1837 – 1908], der Norweger Mohn, dann weiter der Leiter der Seewarte in Hamburg, Georg v. Neumayer [1826 – 1881], Scott aus Großbritannien und von Wild). Zum Präsidenten des Komitees wurde von Wild gewählt und Scott wurde der Sekretär des Komitees (WMO 1973, S. 12).

Erstes Internationales Polarjahr 1882 -1883

Auf dem Rom-Kongress wurde auf Vorschlag des deutschen Marineoffiziers in öster­reichisch-ungarischen Diensten, Carl Weyprecht (1838 – 1881), auch die Einrichtung eines ersten Internationalen Polarjahres für 1882-1883 beschlossen.

Die Teilnehmer der Meteorologen-Konferenz in Rom 1879. In der erste Reihe als Zweiter von links Georg von Neumayer, der spätere Vorsitzende der Kommission für das Internationale Polarjahr. In der obersten Reihe ist der Zweite von rechts Gustav Hellmann, der stellvertretende Leiter des KPMI aus Berlin.
Abb. entnommen WMO - No.345, S. 10.

Die Teilnehmer der Meteorologen-Konferenz in Rom 1879.

Am 1.10.1879 traten im Seemannshaus in Hamburg die Nationen: Niederlande, Dänemark, Russland, Frankreich, Norwegen, Deutschland und Schweden zusammen. Am 5.10.1879 konstituierte sich dort die Internationale Polarkommission, deren Vorsitz Georg von Neumayer, dem Leiter der Deutschen Seewarte, übertragen wurde.

Es fanden sich jedoch bis 1880 nur 4 Länder (Dänemark, Österreich-Ungarn, Russland und Norwegen) bereit, bemannte Stationen für die Dauer eines Jahres einzurichten. Wegen der mangelnden Unterstützung in Deutschland zog sich Georg von Neumayer aus der Leitungs-Funktion zurück und der Vorsitz ging an Heinrich von Wild über, der Russland dazu bewegen konnte, eine zweite Station anzubieten. Ein Durchbruch für das Zustandekommen des I. Internationalen Polarjahres gelang jedoch erst, als die USA sich bereitfanden, mit 2 Stationen teilzunehmen. Im Jahr 1882 waren es dann schließlich 11 Länder, die insgesamt 14 Stationen betreiben wollten: USA, Russland und Deutschland je zwei Stationen, Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Norwegen, Österreich-Ungarn und Schweden je eine Station. Von den 14 Stationen waren nur 2 für die Antarktis vorgesehen: eine deutsche auf Südgeorgien unter der Leitung von W. Giese und eine französische in der Orange-Bay in Feuerland.

1883 Portofreier Dienstbrief von der „Königlich Bayerischen Meteorologischen Centralanstalt“

Diese eingeschriebene „Polarsache“ ging am 27. October 1883 als portofreier Dienstbrief von der „Königlich Bayerischen Meteorologischen Centralanstalt“ an die Direktion der Kaiserlichen Deutschen Seewarte in Hamburg. Solcher Postverkehr ist ein Hinweis darauf, dass innerhalb der beteiligten Nationen durch die Mitwirkung am Internationalen Polarjahr ein intensiver Informationsaustausch in Gang kam, bei dem es sicher neben dem Austausch von Erfahrungen, auch um Kooperation bei Ressourcen und Personal ging.

„Dieses Projekt war eine bemerkenswerte Etappe in der Entwicklung der internationalen Zusammenarbeit der Meteorologen aus zweierlei Gründen: es war das erste in einer folgenden Reihe von hoch-organisierten wissenschaftlichen Programmen, die bis heute fortgesetzt wird und die Experten-Gruppe, die das Polarjahr vorbereitete und durchführte war die erste Technische Kommission der IMO“ (übersetzt nach https://public.wmo.int/en/about-us/who-weare/history-IMO, Seite 5).

Ausweitung der internationalen meteorologischen Zusammenarbeit

Mit einem weiteren Beschluss regte die Konferenz in Rom das Errichten von Berg-Wetterstationen an, um mehr kontinuierlich gesammelte Informationen aus den höheren Luftschichten zu erhalten. Dieser Beschluss führte zu zahlreichen Errichtungen von meteorologischen Berg-Observatorien, so z. B. des „Sonnblick-Observatoriums“ (1886) in Osterreich sowie der Wetterstationen auf dem Schweizer Säntis (1886), auf dem Brocken (1895) und auf der Zugspitze (1900).

 MiNr: 1091 von 1961  Bergstation auf dem Säntis  Bergstation auf dem Säntis

Oben: MiNr: 1091 von 1961
Mitte und rechtsoben: Bergstation auf dem Säntis
Rechtsunten: MiNr. 2127 von 2000 mit Sonderstempel

 MiNr. 2127 von 2000 mit Sonderstempel

Die Regierungen zeigten jedoch nach dem Treffen in Rom wenig Enthusiasmus für die Fortsetzung der Arbeiten des Komitees, und so vereinbarte es bei seinem Treffen im Jahr 1888 in Zürich, dass der Kongress nicht wieder einberufen werden sollte. Stattdessen sollte die Direktoren-Konferenz wieder zusammengerufen und das Komitee aufgelöst werden. Wild und Scott wurden aufgefordert, Vertreter der Meteorologischen Dienste zu einem Treffen einzuladen. Dieses Treffen der Direktoren fand 1891 in München als eine Konferenz statt und nicht mehr als wissenschaftlicher Kongress.

Währenddessen hatten „die Direktoren der Wetterdienste auf der Südhalbkugel, welche nicht an den europäischen Tagungen teilnehmen hatten können, 1879 und 1881 in Melbourne Sitzungen abgehalten, auf denen besprochen worden war, wie sie die Beschlüsse der IMO in ihren Bereichen anwenden könnten. Ihre Berichte über die beiden Konferenzen sandten sie an das IMK“ (Cehak, S. 69).

Eine japanische Dienst-Ganzsachenpostkarte 

Eine japanische Dienst-Ganzsachenpostkarte des Central Meteorological Observatroy of Japan von 1893 mit Werteindruck 4 Yen (Ascher Nr. 21), gebraucht am 7.3.1912 an den Direktor der meteorologischen Landesanstalt von Elsass-Lothringen. Das war zu diesem Zeitpunkt, Hugo Hergesell, der Vorsitzende der Aeronautischen Kommission, die in Paris im Jahr 1896 auf der Meteorologen-Konferenz der IMO gegründet worden ist.
Sammlung Bergman

Ein Brief der Meteorologiebehörden (Stempelaufdruck „M“) in Indien aus dem Jahr 1888, wie aus einem rückwärtigen Ankunftsstempel in Nungumbaukum in Madras zu sehen ist. Indien war schon sehr früh, vermutlich durch die britischen Kolonialherren angeregt, mit meteorologischen Beobachtungen aktiv

Ein Brief der Meteorologiebehörden in Indien 

Vor dem Münchener Treffen, hatte die IMO als eine Organisation von Regierungen bestanden, von dem Meteorologen aus Universitäten und privaten Institutionen ausgeschlossen waren. Nach diesem Treffen wurde die IMO zu einer Nicht-Regierungsorganisation, in welcher alle Meteorologen als technische Experten willkommen waren. Die Struktur der IMO bestand nach der Konferenz in München aus einer Direktoren-Konferenz und einem neuen Internationalen Meteorologischen Komitee mit einem Executive Bureau. Präsident der Organisation war Heinrich von Wild (von 1879 bis 1896) und sein Sekretär der Brite Robert Scott. Später wurde diese Organisation erweitert und wieder als Exekutiv-Rat des Internationalen Meteorologischen Komitees bezeichnet. Diese IMO hatte keinen eigenen Etat und war abhängig von der Großzügigkeit der Wetterdienste von Frankreich, Deutschland und Großbritannien, wenn Ausgaben erforderlich waren. Jetzt wurde eine thematisch arbeitende Kommission für die Erforschung des Erdmagnetismus ins Leben gerufen.

1896 fand eine Direktoren-Konferenz in Paris statt. Präsident der IMO war jetzt É. Mascart (von 1896 bis 1907) aus Frankreich. Dort wurden einige weitere Kommissionen gegründet: eine für Sonneneinstrahlung und Ausstrahlung der Erde, eine Kommission für Aeronautik, deren Vorsitzender der Leiter des elsässischen Wetterdienstes, Hugo Hergesell (späterer Leiter des Lindenberger Observatoriums) wurde. Im gleichen Jahr publizierte die IMO einen ersten Internationalen Wolkenatlas als Einstieg in ein Internationales Wolkenjahr 1896/97, das bereits auf der Direktorenkonferenz im Jahr 1891 beschlossen worden war. In diesem Wolkenjahr hat das Meteorologisch-Magnetische Observatorium in Potsdam mit Phototheodoliten von Carl Koppe aus Braunschweig mit photogrammetrischen Verfahren Wolkenhöhen-Vermessungen durch geführt, die dann vom gleichen Observatorium mit Wolkenautomaten noch bis zum Jahr 1920 fortgeführt worden sind (siehe hierzu im Detail RS 161-1/2021, S. 24 bis 31). Ein überarbeiteter Internationaler Wolkenatlas sowie eine international einheitliche Nomenklatur zur Bezeichnung der Wolken waren die Ergebnisse dieser international koordinierten Wolkenforschung. Diese Nomenklatur wurde auf der 6. Direktoren-Konferenz in Kopenhagen, 1929, festgeschrieben.

Dienstbrief der Seewarte

Mit „Frei durch Ablösung Reich“ befördert wurde dieser Dienstbrief der Seewarte an das Meteorologisch-Magnetische Observatorium in Potsdam in der Zeit ab 1920 (Stempeldatum undeutlich). Der Empfänger des Briefes, Prof. Dr. Nippoldt war als Observator der Magnetischen Abteilung in Potsdam tätig und trug den Professorentitel seit 1917 (Körber, 1993, S. 88).

 

Das nationalsozialistische Deutschland „steigt aus“

Im Jahr 1927 war dem Internationalen Meteorologischen Komitee die Durchführung eines Zweiten Internationalen Polarjahres für die Periode 1932-1933 vorgeschlagen worden (Lüdecke, S. 5). Die Direktoren-Konferenz beschloss in diesem Zusammenhang, eine Kommission für das 2. Internationale Polarjahr unter der Präsidentschaft des Dänen Dan La Cour zu gründen (Lüdecke, S. 6) Die Association for Terrestrial Magnetism wie auch die Association for Meteorology (beides Unterorganisationen der IUGG [International Union of Geodesy and Geophysics]) spendeten wesentliche finanzielle Unterstützung und Instrumente. So konnte das 2. Internationale Polarjahr auf einer Sitzung der Polarkommission im August 1930 in Leningrad für den 1. August 1932 bis zum 31. August 1933 festgelegt werden. „Für den Zeitraum wurde ein Minimum an Sonnenaktivität erwartet. Auf einer Sitzung der Polarkommission in Locarno im Oktober 1931 hatten 44 Nationen ihre Teilnahme und die Einrichtung von 27 Stationen in der Arktis zugesagt. Wegen der angespannten Finanzlage wurden keine Stationen in der Antarktis eingerichtet. Von deutscher Seite konnte nur eine kleine radiotechnische Expedition in die Hochburg der Nordlichtforschung nach Tromsǿ (Norwegen) geschickt werden. Joachim Scholz (1903-1937), Assistent des Meteorologisch-Magnetischen Observatoriums in Potsdam, führte als Teilnehmer an einer russischen Expedition zum durch Carl Weyprecht entdeckten Franz-Josef-Land luftelektrische Messungen durch, während Kurt Wölken (1904-1992), ehemaliger Teilnehmer an Alfred Wegeners letzter Expedition nach Grönland, auf einer russischen Expedition nach Nowaja Semlja die Schallausbreitung in der Atmosphäre untersuchte.“ (Lüdecke, S. 6)

Schmuck-Brief mit Zudruck über die Forschungen von Joachim Scholz Schmuckbrief mit Zudruck über die Forschungen von Kurt Wölcken

Sonderstempel zum 50. Jahrestag des 2. Internationalen Polarjahres 1932/33 auf Schmuck-Brief mit Zudruck über die Forschungen von Joachim Scholz mit luftelektrischen Messungen auf Franca-Iosifa, Semlja (Sammlung Bergmann).

Sonderstempel zum 50. Jahrestag des 2. Internationalen Polarjahres 1932/33 auf Schmuckbrief mit Zudruck über die Forschungen von Kurt Wölcken zur Schallausbreitung in der Atmosphäre und bei Eisdickenmessungen

Im Zuge der (noch geheimen) Aufrüstung in Deutschland direkt nach der Machtergreifung durch die NSDAP wurden die meteorologischen Einrichtungen im Reichswetterdienst zentralisiert und dieser dem Luftfahrtministerium unterstellt. Meteorologische Forschung wurde weitgehend auf kriegswichtige Gebiete konzentriert und geriet zunehmend unter Geheimnisvorbehalte

Die Wolkenforschungsstelle Prag war 1940 aus der wolkenphysikalischen Abteilung des Aerologischen Observatoriums in Friedrichshafen ausgelagert worden. Sie diente vor allem zur kriegswichtigen Erforschung der Vermeidung von Kondensstreifen bei hochfliegenden schnellen Flugzeugen, damit diese von den Kriegsgegnern nicht so leicht auszumachen wären. Keineswegs ging es hier also noch um Meteorologie im eigentlichen Sinne und erst recht nicht um internationale Zusammenarbeit.

024

Deutschlands Mitwirkung in der internationalen meteorologischen Zusammenarbeit wurde damit zur Farce. In der von Deutschland angezettelten Katastrophe des 2. Weltkrieges kamen auch zahlreiche meteorologische Kooperationen zwischen anderen Staaten zum Erliegen.

Auf einer Konferenz in Washington im Jahr 1947 verabschiedeten 42 anwesende Staaten eine Konvention zur Gründung der WMO als Nachfolgeorganisation der IMO. Diese Konvention trat 1950 in Kraft. Die Bundesrepublik trat am 10.06.1954 dieser Organisation bei, die heute 193 Mitglieder hat. Die DDR trat im Jahr 1973 bei. Im Jahr 2020 wurde die WMO reformiert und die bis dahin entstandenen 8 Kommissionen wurden auf 2 reduziert (SERCOM und INFCOM). Die Einzelheiten dieser zweiten Phase der Internationalen Meteorologischen Zusammenarbeit folgen in einem 2. Teil. Der seither jährlich weltweit am 23.3. gefeierte „Welttag der Meteorologie“ soll an das Inkrafttreten der Konvention von 1947 im Jahr 1950 erinnern.

MiNr. 1664 vom 16.2.1971 Fast alle Länder der Erde geben jährlich eine Briefmarke oder sogar einen Markensatz zum „Welttag der Meteorologie“ heraus. In der Gestaltung der Marken sind die Länder frei, aber es gibt jedes Jahr ein gemeinsames Motto, das individuell gefüllt werden kann. Kuba hat hier die überaus häufigen „Heimsuchungen“ durch schwere Wirbelstürme zum Thema genommen und in einer Karibikkarte deren Verlaufsbahnen festgehalten

MiNr. 1664 vom 16.2.1971

Literatur:

Cehan, Konrad: „100 Jahre organisierte internationale Zusammenarbeit in der Meteorologie – Zum 100. Geburtstag der IMO-WMO“, Vortrag von 1973, veröffentlicht in „Wetter und Leben“. Jahrgang 25 (1973), S. 67 bis 75

Davies, Sir Arthur /Secretary-General Emeritus, WMO (Hg.): “Forty years of progress and achievement – A historical review of WM. WMO-Drucksache-No. 721, Genf 1990

https://en.wikipedia.org/wiki/International_Meteorological_Organization

https://public.wmo.int/en/about-us/who-we-are/history-IMO

https://www.dwd.de/DE/derdwd/koop/international_functions/Teasergroup/teaser_wmo.html

https://www.wmo.int/pages/index_eu.html

Körber, Hans-Günter „Die Geschichte des Meteorologischen Observatoriums in Potsdam“, in „Geschichte der Meteorologie in Deutschland“, Band 2, herausgegeben vom Deutschen Wetterdienst, Offenbach a. M. 1993

Körber, Hans-Günter “Vom Wetteraberglauben zur Wetterforschung“, Leipzig 1987

Körber, Hans-Günter „Die Geschichte des Preußischen Meteorologischen Instituts in Berlin“ in „Geschichte der Meteorologie in Deutschland“, Band 3, herausgegeben vom Deutschen Wetterdienst, Offenbach a. M. 1997

Lüdecke, Cornelia Scherpunkt: Die Internationalen Polarjahre 1882-82/ 1932-33 und 1957-58“ in Deutsche Gesellschaft für Polarforschung/ Arbeitskreis Geschichte der Polarforschung, Rundschreiben 16/07 (gefunden auf: https://polarforschung.de/app/uploads/2021/02/AK-Geschichte-Rundbrief_16.pdf

Sekretariat der WMO „One hundred years of international co-operation in meteorology (1873 – 1973) a historical review”, WMO-Drucksache No. 345, Genf 1973

Sekretariat der WMO “WMO – 50 years of service”, WMO-Drucksache No. 912, Genf 2000